Es braucht Vorstände der Generation Z
Wer als deutsches Unternehmen in zehn Jahren noch innovativ und damit wettbewerbsfähig sein möchte, sollte heute einen Vorstand (m/w/x) der Generation Z berufen – also einer Person, die jünger ist als 25 Jahre. Derzeit geht es der Wirtschaft in unserem Land noch gut, und es ist immer schwierig, Arbeits- und Unternehmenskulturen radikal zu ändern, wenn eigentlich noch kein dringender Handlungsbedarf besteht.
Warum sich von vertrauten, homogenen Strukturen verabschieden, wenn der eigene Status vielleicht in Gefahr ist? Ein Denkfehler, denn wenn Innovationen in der Unternehmenskultur heute verschlafen werden, ist in zehn Jahren nicht nur der Dienstwagen weg, sondern auch der Job. Momentan gibt es in den 30 DAX- Unternehmen nur ganz wenige Vorstände, die um die 30 sind, ganz zu schweigen von noch jüngeren Vorstandsmitgliedern und selbstredend sind es noch viel zu wenig Frauen.
Deutschlands Unternehmenskultur muss sich für die Generation Z radikal ändern
Ein tief verankertes Statusdenken mit Titeln, Privilegien, betonierten Hierarchiestufen und gläsernen Decken aus Panzerglas charakterisieren noch immer viele Unternehmen in Deutschland. Diversität, Augenhöhe, Respekt und nicht zuletzt echte Chancen für junge Nachwuchskräfte bleiben oftmals hohle Versprechungen in Stellenanzeigen.
Der schon jetzt deutlich spürbare Fachkräftemangel und zukünftige War for Talents zwingt uns, umzudenken und zwar schon jetzt! Wir steuern auf einen Arbeitnehmermarkt zu, und die Unternehmen, die sich gerade in Kultur und Recruiting neu aufstellen, werden die Nase vorn haben. Wir müssen uns also heute radikal ändern, damit wir morgen noch ein Business haben.
Ein Blick ins Ausland lohnt sich: In der israelischen Armee gibt es seit langem eine “Hierarchie der Ideen”. Hier muss sich, vereinfacht ausgedrückt, der oberste Chef die Ideen und Hinweise auch der jüngsten Rekruten anhören, weil das schlichtweg elementar für die Sicherheit des Landes ist. Die früheren Wehrdienstleistenden ergreifen nach ihrer Armeezeit Berufe in der Wirtschaft, und diese Mentalität setzt sich somit auch in Israels Unternehmen fort. Ein Land, das herausragende Technologieunternehmen hervorgebracht hat sowie über eine beeindruckende Start-Up-Kultur verfügt.
Mit der Generation Z arbeiten:
Diese 4 Werte sollten Top Priorität in Ihrer neuen Unternehmenskultur haben
“Für Dich immer noch Sie”:
Recruiting an Zielgruppe Generation Z authentisch anpassen
Um geeignete junge Führungskräfte und Generation Z Vorstände zu gewinnen, die schnell Verantwortung übernehmen können, sollte das Recruiting stark an die Bewerberzielgruppe angepasst werden. Die Ansprache muss auf die junge Zielgruppe ausgerichtet sein und da genügt es nicht, sich jetzt einfach mal zu duzen. Noch dazu, wenn das nicht wirklich von allen mitgetragen wird. Jeder Kontakt, den der Bewerber mit dem Unternehmen hat (ob nun Anzeige, Messeauftritte oder Website) muss von den jungen Mitarbeitern im Unternehmen, mit gestaltet werden. Auch sollten HR-Kontaktpersonen im Alter der Gen Z – Bewerberzielgruppe sein. Einbindung von Videos in der Unternehmensdarstellung oder die Nutzung von Social Media Kanälen wie Instagram sind eine gute Idee, um junge Bewerber aus der Generation Z anzusprechen.
“Ich Chef, Du Stift”:
Wertschätzung, Augenhöhe und Respekt
Um es ganz deutlich zu sagen: Arschlöcher haben ausgedient. Auch wenn wir es selbst als junge Menschen noch anders erlebt haben: Top-Down-Management, egomanisches Führen von “insecure overachievers” ist over and out und wird nur bis zur zeitnahen Kündigung des Mitarbeiters funktionieren. Es ist einfach: Schlechte Führung wird schlechte Leistung nach sich ziehen. Das Vorurteil, junge Menschen wollten sich nicht mehr richtig anstrengen und seien außerdem illoyal, kann ich aus meiner langjährigen Arbeit mit der Generation Z bei Startup Teens entkräften. Ermutigung, Vertrauen und inspirierende Motivation sind die Schlagworte. Wer als älterer Kollege oder Chef wirklich zuhört, dem jüngeren Menschen Wertschätzung und Respekt entgegenbringt und diese Werte nicht als nur als Bringschuld der Jüngeren ansieht, stellt damit langfristig Nähe, Identifikation und Loyalität her.
“Wir probieren das jetzt einfach mal”:
Lean Start-Up Kultur passt zur Generation Z
Der Ansatz der Lean Start Up, also ein Produkt oder eine Dienstleistung schnell an den Markt zu bringen und per “learning by doing” zu testen, zwingt zu einem Umdenken alter Führungs- und Managementphilosophien und bringt ein neues Miteinander im Unternehmen hervor. Die Basis dafür ist eine neue und offenere Diskussions- und Feedbackkultur zunächst ohne Wertung und als Ergebnis ein anderer Umgang mit Fehlern. Ein wichtiges Stichwort ist auch die Eigenverantwortung. Wer als Mitarbeiter aus der Generation Z Ideen einbringen, tatsächlich handlungsbefugt ist und sie umsetzen darf wird innovativer, effizienter, verantwortungsbewusster und loyaler sein. Für junge Kollegen ganz wichtig: Er oder sie wird Sinn durch eine solche Kultur mehr Sinn in ihrer Arbeit und dem Unternehmensziel sehen. Er wird somit selbst zum Entrepreneur.
“Oldies but Goldies”:
Ein Kulturwandel zu mehr Heterogenität schließt auch ältere Menschen ein
Fachkräftemangel und War for Talents sollten uns aber nicht blind in einen Jugendkult rennen lassen. Es geht in Zukunft – nicht nur in der Arbeitswelt – um ein neues Miteinander der Generationen. Heterogenität ist keine Einbahnstraße! Wir brauchen Teams und Generation Z Vorstände in Unternehmen, die Denkweisen, Talente, Erfahrung und Kommunikation aller Altersstufen und Geschlechter vereinen. Im Grunde sollten auf der Entscheidungsebene, aber auch im gesamten Unternehmen unsere Gesellschaft abbilden, um so die Produkte und Dienstleistungen der Zukunft anbieten zu können.
Dieser Artikel erschien zuerst am 9. August 2019 auf horizont.net